Wenn ich schon so viele buddhistische Tempel besuche auf meiner Japanreise, dann gehört auch die passende Lektüre dazu. Deshalb lese ich in irgendwelchen Ryokans abends in den Reden Gotamo Buddhos aus dem Pali - Kanon in der Übersetzung von K.E.Neumann. Irgendwie kapiere ich schon, dass Lust zu Schwangerschaft und Geburt eines Kindes führt, dass zum Leben dann wieder zwangsläufig Leiden und Tod gehören, in endloser Verkettung. Aber soll ich deshalb auf jede Triebbefriedigung verzichten? Wo ich doch eh an keine Wiedergeburt glauben kann?
Wozu soll ich ans andere Ufer, in die Ichlosigkeit - an dieses andere Ufer, das ja auch nur so eine unzulässige Verdoppelung ist, wo doch alles nichts ist oder nichts alles. Ausserdem stehe ich in meinem Alter eh schon an der Tür zum Nirvana der Wunschlosigkeit und Ichlosigkeit. Wenn ich einigermassen im Gleichgewicht bleibe, reicht mir das bei weitem.
Von der Sorge um und Liebe für meine Kinder bringt mich der Erleuchtete auch nicht ab, bei aller Sympathie, die ich aber auch wieder genauso für Harry Belafonte oder Charlie Chaplin hege.
Derlei topics mit meinen imaginären Gesprächspartnern, die mich als Schatten in meiner Einsamkeit immer begleiten, diskutierend, schiebe ich mein Fahrrad den Wakakusayama hinauf, durch eine verwachsene Waldschlucht.
Da verstummt schlagartig, wie auf Befehl eines unsichtbaren Dirigenten, das lautstarke Streichorchester der Zikaden. In dieser Stille kommt plötzlich ein Reh aus dem Gebüsch, bleibt nah bei mir stehen und schaut mir, eine Spur traurig, aber ruhig in die Augen.
Der dunkleBlick, das sanfte Wesen und die anmutige Gestalt des Tieres bezaubern mich derart, dass ich mich tatsächlich in dieses Reh verliebe.
Keinem verrate ich allerdings, wie die Geschichte im Zauberwald, in dem alles möglich ist, dann weitergegangen ist.
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