Wo das grüne Land zu Ende geht,
Wo das finstere Meer
Die steilen Felsen frisst
Dort liegt Galicien
Nach dem Regen letzte Nacht
Zersplittert das Morgenlicht
Leise klirrend
An den Glasveranden
In denen sich der heisere Schrei der Möwen spiegelt
Viele sind ertrunken
Unter dunklen Wolken
Noch mehr vom Generalissimo ermordet
Oder über den Atlantik hinüber
In öden , grenzenlosen Pampas
Verknoten sie ihr rotes Tuch
Um den heiseren Hals und schlürfen
Den heißen Maté
Während zu Hause im verlorenen Galicien
Ihre verlassenen Weiber
Mit Ärschen wie Felsbrocken
Sich in Hexen verwandeln
Die versuchen einer verregneten Nebelwelt
Mit ein paar Zaubersprüchen und Giftkräutern
Ihre grausamen Geheimnisse zu entlocken
Aber wo der Ginster blüht und die Erika
Steigt doch noch von blauen Schieferdächern
Der Rauch auf und zieht über die
Horreos auf ihren Beinen aus Kastanienholz
Aber dahinter, die rauschenden Kiefernwälder
Sind längst vom schäbigen Eukalyptusgebüsch
Verdrängt, längst
Haben schrottreife Tankschiffe
Mit stinkendem Erdöl
Die indigofarbenen Felstürme versaut
In den tiefen Buchten der Rias
Unter alten Keltendörfern
Atmet keuchend das verdreckte Meer
In Ebbe und Flut
Lässt die weiten Sandbänke trocken fallen
Um sie nach ein paar Stunden
Wieder mit der schäumenden Flut zu überschwemmen
Eine riesige Wasserspülung
Göttlicher Klomuscheln
Göttlicher Entenmuscheln
Von den nassen Felsen gekratzt
Von den bemoosten Fassaden der Kathedralen und den
Verregneten Steinkreuzen gekratzt
Als Wegzehrung für frierende Pilger
Die dem geschmacklosen Ruf der Jakobslüge folgen
Mit Blasen an den wundgelaufenen
Schweißfüßen
Diese Stein gewordenen verschimmelten Lügen
Die uns glauben machen sollen
Die Lüge der Reconquista sei besser
Als die Lüge der Muselmannen
Die nur mehr als Gespenster bei Halbmond
Durch stürmische Nächte geistern
Durch Nächte in denen sogar die Gallegos sich
Hinter ihren Glasveranden verkriechen
In dieser düsteren Ecke Iberiens
Im verzauberten Reich Galicien
Zwischen bitterer Wirklichkeit
Und fantastischen Nebelträumen.
Die verlorene Kamera
Wir haben auf dem Rückflug von Galicien die Fotokamera mitsamt der reichen Beute vieler Bilder verloren. Nun versuche ich die Enttäuschung darüber durch eine Polemik gegen den öden Spiegelzauber des Fotografierens zu bewältigen.
Wie doch die Meute der Bilderjäger, bewaffnet mit dem fressenden Auge des Objektivs rastlos hinter den Urszenen nachhetzt !! Sonnenuntergänge, Kriegsgreuel, Pornografie, alles verleiben sie sich unersättlich ein.
Man muss nur beobachten, wie sich ihr Blick nach dem Drücken des Auslösers schlagartig vom Motiv abwendet, als hätten sie es vernichtet.
Die optischen Gedächtnisprothesen der Speicherkarten geben uns die trügerische Illusion einer authentischen Verbindung mit den Bildern, die von den realen Dingen gelöst wurden. In Wirklichkeit trennen sie uns jedoch von der lebendigen Erinnerung. Auf den Bilderfriedhöfen der verstaubten Fotoalben, Festplatten oder Filme verrotten die einbalsamierten Augenblicke. Sie verdecken mit ihren toten Abbildern die Lebewesen der Gegenwart.
Also verkriecht euch nur hinter euren Objektiven ihr schamlosen Fotografen. Mit tausend und abertausend Schnappschüssen werdet ihr die Rätsel aus den mondbeschienen Träumen eurer Kindheit doch nicht lösen !
Wenn euch schon längst die Würmer fressen, werden eure vergilbten Fotos auf irgendwelchen Speichern vergeblich nach Unsterblichkeit lechzen.